Der älteste Marktplatz Hamburgs

Der Fischmarkt ist der älteste Marktplatz Hamburgs. Eine Urkunde aus dem Jahr 1703, die sogenannte "Magistratsverordnung", erlaubte den Fischern, ihren Fang wegen der schnellen Verderblichkeit ihrer Waren sonntags bis 8.30 Uhr morgens zu verkaufen.

Im 18. Jahrhundert überwachte ein Fischmarktvogt das Marktgeschehen. Er vermietete Fischbretter an die Händler, kassierte von ihnen für seine Dienste Prozente. Einen Teil seiner Einkünfte musste er an die Stadt Altona abgeben. Am 20. November 1886 wurde auf dem Fischmarkt die erste Fischauktion in Deutschland abgehalten. Sie war der erste Schritt, den Warenumschlag zu beschleunigen.

1871 bekamen die Fischer ihre eigene Halle. 25 Jahre später, im Jahre 1896, wurde eine neue Halle erbaut. Sie wurde von Kaiser Wilhelm II. eingeweiht und bereits 1906 erweitert.

Bis heute ist die 1982 für sieben Millionen Mark komplett renovierte Fischauktionshalle in das Marktgeschehen integriert. Hier werden Federvieh und kleine Haustiere zum Kauf angeboten und Besucher bei Live-Musik mit Frühstück versorgt. Außerdem wird die Halle von der Firma Brunckhorst als Veranstaltungszentrum für Feiern und Modenschauen verpachtet.

Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Hamburger Institution mehrmals umgetauft, hieß sie "Alter Markt", "Fischmarkt" und "Alter Fischmarkt". 1933 wurden der St. Pauli Fischmarkt und sein Konkurrent, der Altonaer Fischmarkt, zusammengelegt.

An den Ursprung des bunten Treibens erinnert der Direktverkauf der Fischfänge neben der Fischauktionshalle. Direkt von den am Kai liegenden Kuttern werden Kabeljau, Hering und andere Fischarten angeboten.

Heute kommen rund 60 000 Besucher im Schnitt - übernächtigte Partygänger, Frühaufsteher, Touristen und Stammgäste. Die ersten kommen schon gegen 4 Uhr, Touristenbusse rollen pünktlich zum Start um 5 Uhr an. Doch das Geld sitzt längst nicht mehr so locker wie noch vor einigen Jahren, das merken die ambulanten Händler überall. "Meinst du, ich habe hier 'nen Sexshop? Da kannst du gucken, hier mußt du kaufen", fährt Aal-Dieter einen Mann an, der schon seit zehn Minuten den Spaß in der ersten Reihe des umlagerten Fisch-Wagens genießt, ohne etwas zu kaufen. Aal-Dieter gehört zu dem knappen Dutzend "Rappo-Händler", Versteigerer, die mit ihren krassen Sprüchen die Menge faszinieren und für Lokalkolorit auf dem Fischmarkt sorgen.

"Man muss heute schon einen ziemlichen Zirkus machen, sonst läuft gar nichts mehr", ist die Erfahrung der Händler. "Hierher, das kost' doch nichts", schallt ein Stimme aus der Obst-und Gemüse-Ecke. Bananen-Fred schleudert Südfrüchte in die Menge. Aal-Dieter lässt zur Abwechslung einen seiner Fische auf die Schulter einer Zuschauerin klatschen, um ihre Aufmerksamkeit zu wecken.

"Früher haben die von ganz alleine gekauft, heute muss man richtig betteln", schimpft Mike, der Süßigkeiten anbietet. 4000 Mark setzt er an einem Sonntag um, zusammen mit drei Kollegen auf zwei mit Süßigkeiten vollbepackten Verkaufswagen. Vor einem Jahr waren es noch 1000 Mark mehr. "Wer kein Geld hat, der greift dem Nachbarn in die Tasche", rät Mike seinen Zuschauern. Die Menge grölt, und nebenbei gehen auch einige vollbepackte Tüten weg.

"Die Grenze liegt heute bei zehn Mark", meint Peter Spamer, Geschäftsführer von der Holsteiner Putenräucherei. Einen Mitarbeiter für den Marktstand lasse das schlechte Geschäft nicht mehr zu.

Rainer Koch vom Fischhandel Schmidt hat mittlerweile auf normalen Wochenmärkten mehr Kunden als auf dem Fischmarkt - dort kauft man Fisch, Obst und Gemüse für den täglichen Bedarf, auf dem Fischmarkt will man Spaß und Unterhaltung, dazu das Gefühl, ein Schnäppchen gemacht zu haben. Das sieht dann oft so aus: ein großer Karton voll Ananas, Bananen und Bruchspargel, alles für zusammen 20 Mark. Der Spaß war groß, aber wer soll das aufessen? Um 20 Prozent sei sein Umsatz in den vergangenen Monaten zurückgegangen, sagt Koch. Dazu kommt: "Die ganzen Klamottenhändler machen so einen Markt ja auch kaputt." Petra und Gaby, zwei Urlauberinnen aus dem Ruhrgebiet, sind etwas enttäuscht: "Früher war es uriger.

 

" Von bedruckten Hemden bis zum Fahrradsattel oder der Schürze mit aufgenähtem Plastikbusen gibt es am Hamburger Fischmarkt mittlerweile fast alles zu kaufen. Zu viel, wie alteingesessene Händler meinen. Deshalb setzen sich einige von ihnen dafür ein, die Zahl der Gemüse-, Fisch- und Obst-Stände wieder zu erhöhen. Doch auch wenn der Fischmarkt, dem umliegende, urige Kneipen und die restaurierte Fischauktionshalle ein unverwechselbares Gepräge geben, sich gewandelt hat und die Kunden die Portemonnaies zuhalten, sind sich die Händler und der Leiter des Wirtschaftsamts im Bezirk Altona, Heinrich Brammann, sicher: "Der Fischmarkt wird bleiben."